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Alfred Kolleritsch

Gedichte


Wenn sie schlafen,
die Sprache
Haut an Haut träumt,
das Alleinsein absinkt,
Wurzeln berührt,
Heilendes,
zu vergessen
was entzweit,
für Stunden e i n Streit,
ohne Wissen.
Zweite Zeit.

 

Variation

Was sammelt sich, ein Knoten,
ein Würgegriff in die Organe,
als Lohn der Schrei,
der Jubelschmerz,
einmal noch
hinab in die Erfahrung,
das Grubenlicht
mit Licht vertauscht,
aufs Ende hin
in einem Menschen, seinem Leib,
die Welt zu finden,
im Augenpaar, im Höhenflug
Berührungen,
daß die Sprache sich vergißt,
weil sie Wörter
in die Wahrheit schickt,
die sie ins Nichts verkehrt,
davor rauschen Lindenblätter,
Pappeln glitzern,
Hände überstürzen sich,
und eine Botschaft
wühlt die Äcker auf,
die Rippen reißen Furchen,
es lauern Krähen,
wie Bilder
sich in Aas verwandeln,
dem anderen zu,
mit dem die Lust zu teilen,
über den Riß hinweg,
so grenzt die Haut
uns alle ab,
wir Puppen,
die sich nicht wehren können,
trotz der Wege, trotz der Steine.


Daß es, was eingedrungen ist,
tief in die Organe,
tief in jenes aus dem unzählbaren
Nichts,
daß es bei uns
im Zimmer ist, als Scherbenkratzen,
Wundenschnitzen!

Wer liest nicht von den Wänden
Abschied, leeres Augenschließen,
tief erschrocken
vom Augenblick.

Wie wahr, wenn wir betroffen sind,
die Sprache ist,
unbarmherziger als ihr Spiel,
das Ende wohl des Spiels.

Und auf den alten Fleischerhaken
leere Fetzen, Teilnahmsfetzen,
Inneres, die Angst sitzt
mit den Vögeln in den Bäumen,
im Geschlecht, dem einzigen,
der Welt zugekehrt,
in den Möbeln, dicht verwachsen
hockt ein Raspeln, Sägen,
und ungenützt blieb dort die Liebe,
der Eigensinn, in diesem Haus zu sein.

Warum sind Städte da,
Verdünnungen des Ortes, tausend Flächen
erschrockener Haut, Teppiche,
geknüpft in das Bedrängende?

[kolik ]